Gleichstellung – eine Illusion

Ich weiß nicht genau, wie ich Dir deutlich machen kann, lieber Mann, dass Du Dir noch so viel Mühe geben kannst, Frauen zu verstehen. Du wirst dies nicht können. Bei aller Gleichstellung ist Gleichheit nicht erreichbar. Das liegt an der „Karriere“, die sehr viele Frauen (mind. 30%, wahrscheinlich sind es erheblich mehr) im Laufe ihres Lebens gemacht haben.

Beim Geschlechtsverkehr dringt der Mann in die Frau ein. Was „Eindringen“ bedeutet, kann ein Mann kaum nachvollziehen, denn dieses Eindringen erlebt er nicht. Er kann es „technisch“ in der Vorstellung hervorrufen (wie bei einer Maschine), aber das Erleben passiert ihm normalerweise nicht (außer im Knast, wo dies vorkommen soll). Um mit dem anderen Geschlecht umzugehen, muss eine Frau dieses Eindringen in Kauf nehmen. Um es zu akzeptieren, muss sie es dulden, nein, muss sie vertrauen können. Dieses Vertrauen wird schon sehr früh untergraben. Mehr als 30% der Frauen haben eine Vergewaltigung erlebt; sehr viele davon als Kind. Nicht wenige bereits im Alter von 2-6 Jahren. Das sind Verletzungen, die der Frau Misstrauen bis zu ihrem Ende einpflanzen. Sie wird es niemals vergessen! Es ist Mord an ihrer Lebensgrundlage.

Gleichgültig, wie sehr sich ein Mann bemüht, Frauen zu verstehen – es kann ihm nicht gelingen. Es solches Erleben ist in fast allen Fällen ausgeschlossen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, Frauen auch nicht verstehen zu wollen. Stattdessen sind Respekt und Achtsamkeit notwendig, denn der Versuch der Vergewaltigung ist nur dort möglich, wo Männer sich dem weiblichen Geschlecht gegenüber überlegen fühlen. Das genau ist Patriarchat.

Wenn mehr als ein Drittel aller Frauen ein solches verletzendes Ereignis hat hinnehmen müssen, dann schwappt dies über auf alle Frauen. Es schwappt über auf die Einstellung, die Männer gegenüber Frauen aufbauen. Das geht bereits im Kindesalter für beide los:

Mädchen werden klein und schwach geredet. Vielleicht nicht von den Eltern, aber von der gesamten übrigen Umgebung.

Mädchen gehen nicht auf hohe Spielgerüste, denn sie könnten ja (aus Schwäche?) herunterfallen.

Mädchen dürfen keinen Roller- / Motorradführerschein machen, denn ihre Schönheit könnte in Gefahr geraten; Schönheit ist ihr Kapital, denn sonst hat sie (in den Köpfen) ja keines.

Mädchen dürfen sich nicht in einen Segelflieger setzen, weil der abstürzen könnte.

Mädchen können nicht rechnen, eher Sprachen – ein gewaltiger Irrtum, der aber bis jetzt durch sämtliche Köpfe tobt, denn diese Köpfe wurden vor mehr als 20 Jahren geschult (was jeder Schule im Kern die Daseinsberechtigung abspricht).

Mädchen sollten doch lieber kein Fußball spielen, das ist unweiblich, denn da wird ja nach einem Ball getreten. Und zu treten, was einer Abwehr gleichkäme, ist nun wirklich unweiblich!

Außerdem sind Mädchen nicht intelligent genug, tatsächlich eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere zu machen; Frauen werden an der Uni ignoriert, sowohl persönlich als auch ihre Forschungsergebnisse (s. Marija Gimbutas): „Lange Haare, kurzer Verstand!“

Mädchen können Kaffee kochen und gut Akten wegsortieren; deshalb sind sie in jedem Büro gern gesehen. Nicht als Chef, sehr wohl als Servicekraft.

Mädchen sollen Schönheitsoperationen machen lassen, um das einzige vorhandene Kapital zu multiplizieren.

Jetzt stellen wir diese eh schon gebrochenen Wesen noch auf Stöckelschuhe und nehmen ihnen damit den letzten Halt im Leben!

Da eben diese ehemaligen Mädchen ihr gesamtes Kinder- und Jugendleben lang missachtest und ignoriert wurden, sind sie trainiert, sich unterzuordnen. Sie machen ihren Job, sei es als Hure (pardon, Ehefrau), sei es als Sekretärin oder Putzfrau. Sie haben nie gelernt, eine Alternative zu sehen. Sie werden sexuell immer wieder attackiert und geraten in den inneren Zwist zwischen Unterwerfung und Widerstand. Meist gewinnt die Unterwerfung.

So wirken sie im Untergrund – seit mehr als 5.000 Jahren. Sie sind erfolgreiche Finanzverwalterinnen, Lehrerinnen, Gärtnerinnen, Sozialpsychologinnen, Köchinnen, Organisatorinnen; sie waren in der Steinzeit auch die erfolgreichen Sammlerinnen und vieles andere mehr. Aber sie sind es im Stillen, denn sie werden in ihrer Leistung nicht anerkannt und wurden es im Patriarchat nie! Nun ja, sie sind seit Kindesbeinen trainiert, immer und ohne Lob Höchstleistungen zu erbringen.

Doch die Vergewaltigung der Weiblichkeit geht noch viel weiter! Werden Frauen unverheiratet schwanger, so sind sie selbst Schuld. Beim Mann ist es vielleicht ein Kavaliersdelikt, bei der Frau ist es eine persönliche und wirtschaftliche Katastrophe.

„Schulden“ sind ein hierarchisch-wirtschaftliches Prinzip. Die Frau mit der zu tragenden Schuld gerät in Abhängigkeiten; vielleicht heiratet sie auch lieber. Der Mann verdient das Geld, die Frau lebt nach seinem Tod von einer Rente, von der zu leben sich oft nicht ermöglichen lässt. Aber dann kann sie schließlich auch zum Sozialamt betteln gehen, als hätte sie ein Leben lang nichts geleistet (Unwort „Lebensleistungsrente“). Sie ist es gewöhnt, sie macht es, Überleben ist wichtig, wenn wir Frauen keine „weißen Witwen“ werden wollen (wie in Indien, hier wird die Witwe nach dem Tod ihres Mannes oft von ihrem Sohn vor die Tür gesetzt und muss sich durchs Leben betteln, was sie in weißen Kleidern macht. Früher wurde sie mit der Leiche ihres Mannes verbrannt).

Geburten werden von der männlichen Medizin zum Risiko erklärt und Haushebammen wird es unmöglich gemacht, selbständig außerhalb der Klinik eine Geburt zu begleiten. Vielmehr soll die Frau ins Krankenhaus und dort technisch-medizinisch gedeckelt werden. Ihre Geburt ist nun nicht mehr der natürliche kreative Akt sondern der Erfolg der Männer, die diese Kliniken aus dem Boden gestampft haben; und die nun das Lob dafür bekommen wollen (nicht neu, die Geschichte wiederholt sich). Der juristisch zur Zeit noch mögliche Schwangerschaftsabbruch wird neuerdings von vielen Kliniken abgelehnt; besonders dann, wenn katholische und protestantische Einrichtungen an der Grundsteinlegung beteiligt sind (so hier in Schaumburg). Die Frau sei abhängig und schuldig!

Die abhängige und schuldige Frau mag juristisch gleichgestellt sein, aber sie wurde seit ihrer Geburt nie auch nur vergleichsweise ähnlich behandelt. Sie wurde missachtet, vergewaltigt und bei jeder passenden Gelegenheit niedergemacht. Widerstand zwecklos, denn wir leben immer noch im Land der Väter!

Bitte nicht behaupten, das sei inzwischen alles anders geworden.
Das ist es nicht, vielmehr ist die Entwicklung wieder rückläufig,
weil viele Frauen nicht bemerkt haben, dass sie die wenigen Erfolge
mit ihrer Suche nach dem Ehemann fast schon zunichte machen!
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