Besitz und Religion

Nicht zu verwechseln mit Geben und Nehmen
Gisa
 

Ist-Bestand

Besitz (hier gleichgesetzt mit Eigentum) bedeutet die Herrschaft über einen Gegenstand oder etwas im übertragenen Sinne Eigenes. Ich kann also auch Besitz behaupten, wenn es sich um meine Gedanken und Werke handelt. Damit beschreibt Besitz ein gedachtes Areal mit Begrenzung nach außen. Innerhalb dieses Areales habe ich das Herrschaftsmonopol und die Verfügungsgewalt. Es umschreibt meine Habe. Außerhalb meines Besitzes befinden sich die Areale / das Hab und Gut  anderer.

Besitz ist also automatisch Grenzziehung und verbindet sich mit Herrschaftsansprüchen innerhalb dieser Grenzen.

Da Menschen bewegliche Wesen sind, bemühen sie sich, diese Grenzen ständig auszudehnen. Dies geht notgedrungen zu Lasten anderen Eigentums. Hier muss sich dann herauskristallisieren, wer über die größere Potenz verfügt, den erweiterten Herrschaftsanspruch durchzusetzen bzw. zurückzudrängen.

Herrschaft (abgeleitet von Herr = männlicher Machthaber über alles, ~schaft = Institutionalisierung) entwickelt aus praktischen Gründen eine Hierarchie (Machtpyramide), bei der der Herr als oberste Instanz Teile seiner Macht an untere Ebenen abgegeben hat. Gut funktionierende Hierarchien sind so strukturiert, dass die unteren Ebenen einige, aber keineswegs alle Kompetenzen innehaben, so dass sie in ihren Befugnissen kontrollierbar bleiben.

Da solche Hierarchien ob ihrer Gewaltausübung über Dritte eine Rechtfertigung brauchen, greift der Machthaber auf Mächte zurück, die er als übergeordnet deklariert: religiöse Begründungen. Andernfalls müsste er damit rechnen, dass alle in der Pyramide unterhalb seiner Position Platzierten Widerstand leisten würden. Da der Machthaber / Herr ein Mann ist, schafft er einen männlichen Gott, der rächend im Hintergrund droht, sollten die herrschaftlichen Vorgaben nicht eingehalten werden.

Zur Durchsetzung von Besitzansprüchen bedarf es also einer Religion, die machtpolitisch organisiert ist und durchgesetzt wird. Hat die Bevölkerung diese religiösen Installationen verinnerlicht, steht sie unter dem Zwang ihres Glaubensbekenntnisses. Nun kann der Machthaber bei jeder Regulierung auf „Gott“ verweisen und sie mit weitaus geringerem Aufwand durchsetzen. Vertreter dieser imaginären Macht sind männliche Priester, die als Teilhaber der oberen Hierarchie ihre Interessen vertreten können.

Da unter diesen Voraussetzung nicht mehr Alle über Alles verfügen, ist der Einzelne gezwungen, für seinen Lebensunterhalt einen erheblichen Aufwand zu betreiben. Dieser Aufwand wird vonseiten der Machthaber so groß gehalten, dass dem Einzelnen weder Kraft noch Zeit verbleibt, über mehr als seine überlebenswichtige Bedürftigkeit nachzudenken. Es wird ein Recht = Gerichtsapparat installiert, der die individuelle Beweglichkeit möglichst weit einschränkt. Überschreitungen in Hinsicht auf Besitz werden mit den vergleichsweise härtesten Strafen belegt (Ausnahme sind Mord und Totschlag, da hier der Machthaber seine Alleinvertretungsansprüche geltend macht).

Damit Macht, Besitz und Monopol definiert werden können, führt der Machtapparat einen Umrechnungsfaktor ein. Er entwirft eine Währung = Geld. Solange Geld nur dazu da ist, eine Leistung mit einem Gegenwert auszurüsten, erscheint Geld als nützliches Instrument. Wird es jedoch über Zinsen im Wert multipliziert, also zum Verdiener weiteren Geldes gemacht, wird es zum Instrument, die unteren und untersten Ebenen der Hierarchie zu knechten.

Unter diesen Umständen verfügt die Bevölkerung der unteren Ebenen immer nur über so viel Geld, wie notwendig ist, um zu überleben. Die oberen Bevölkerungsschichten (Pyramiden spitzen sich nach oben zu = es sind immer weniger Personen) hingegen partizipieren von der Arbeitskraft der unteren Ebenen und gewinnen an Geld dazu. Sie verfügen über Reichtum = Macht. Auf diese Weise wandert das vorhandene Geld zu immer weniger Personen, während immer größere Bevölkerungskreise über zunehmend gar kein Geld mehr verfügen können. Dieses Problem wird von den Geldmonopolisten dann mit Inflation = Gelddrucken solange hinausgeschoben, bis sich der Kollaps einstellt.

Im Kollaps suchen alle negativ Betroffenen Hilfe. Da sie ein Glaubenskonzept verinnerlicht haben, führt sie ihr Weg zur Religion. Um mit einem rächenden Gott zurechtzukommen, hat dieser inzwischen das Attribut „gut / lieb“ erworben. Der „liebe“ Gott soll es nun richten.

Da jedoch „gut“ und „lieb“ eine Frage der jeweiligen kulturellen Definition sind, kann auch ein „Gotteskrieger“ konzipiert werden. Hierbei arbeiten die wirtschaftlich unabhängigen Religionsführer je nach Volksmentalität und herrschender Unzufriedenheit. Die als Weisheitsbücher definierten Grundlagen lassen im Allgemeinen dafür alle Türen offen. Unterschiedliche kulturelle Gruppen werden als Beschäftigungstherapie aufeinander losgelassen, so dass die jeweiligen Bevölkerungen nicht wahrnehmen, dass sie manipuliert werden. Es kommt zu expandierenden machtpolitischen Spielen.

So manipulieren die hierarchischen Köpfe die ihnen zwangsweise zuarbeitenden Menschen im Wechselspiel von Besitz und Religion.

Um diesen Kreislauf aufzulösen, ist es notwendig, genau darüber nachzudenken, welche Mechanismen gerade in der eigenen Kultur aktuell sind.

Gut durchsetzbar ist ein Postulat dann, wenn es auf Teilwahrheiten zurückgreifen kann. Es erscheint logisch und nachvollziehbar. Da es anstrengend ist, über mehr als den eigenen Lebensunterhalt nachzudenken, wird ein solches, scheinbar logisches Konzept übernommen. Wenn wir es jedoch auf Kernaussagen reduzieren, kann deutlich werden, wo dieses Konzept zum Manipulationswerkzeug verändert wurde.

Gott / Göttin / Natur = Schöpfung

Da jeder Mensch deutlich erkennt, dass er / sie nicht diese Welt erschaffen hat, muss es eine Kategorie geben, der dies zugeordnet werden kann. Insofern ist Gott / Göttin / Natur existent. Der Einfachheit halber nun „Schöpfung“ genannt. Ich nutze diesen Ausdruck deshalb, weil allen anderen Begriffen Eigenschaften zugeordnet werden. Der „allmächtige“ Gott, die „liebende“ Göttin oder die „unberechenbare“ Natur…  sind Vorstellungen, die Angst / Unterwerfung unter „höhere“ Mächte assoziieren sollen. „Höhere“ Mächte erhalten die Existenz der Hierarchie – also die unterwerfende Herrschaft. Dies aber ist unlogisch – der erste deutliche Bruch.

Göttliche Eigenschaften

Eigenschaften definieren wir, um von anderem zu unterscheiden. So steht dem Begriff „reich“ das Wort „arm“ gegenüber: dick – dünn, zugewandt – abgewandt, lieb – böse, oben – unten, …

In dem Moment, in dem wir einem Gott (abgeleitet von „Gatte“) eine Eigenschaft zuordnen, nehmen wir ihm die Möglichkeit, alles zu sein. Da eine Schöpfungseinheit jedoch über alles verfügen können muss, ist Einseitigkeit jenseits jeder Logik. Nur bei Verfügung über alle Möglichkeiten ist Schöpfung denkbar. Präsentiert sich uns hingegen ein Gott mit einschränkenden Eigenschaften, kann er dem Reich der Phantasie zugeordnet werden. Wir können in ihm keine Schöpfungsinstanz erkennen.

Die in den Weltreligionen geschilderten Götter sind alle männlich. Sie sind also eingeschränkt. Auch wenn wir diese vielen Götter auf einen reduzieren (unterschiedliche Namen für dieselbe Instanz), bleibt es ein männlicher Gott. Ihm fehlt die zweite Seite der Medaille – die Weiblichkeit. Da jedoch die gesamte Natur zumindest über das weibliche Prinzip, meist auf beide Prinzipien zurückgreift, muss auch bei der göttlichen Instanz eine weibliche Hälfte angenommen werden. Jede Religion, die diese negiert, muss ein Konstrukt sein, um den gewünschten Manipulationen gerecht zu werden.

Eigenschaften sind also Eigentümlichkeiten begrenzter Wesen, nicht der alles in Szene setzenden Schöpfung.

Regelwerke

Begrenzte Wesen müssen, um den eigenen Herrschaftsanspruch durchsetzen zu können, Regelwerke anlegen; nach dem Motto „du darfst / sollst“ und „das ist verboten“. Religionen machen solche Regelwerke notwendig, denn sie entsprechen nicht natürlichen Gegebenheiten, wo sich die Regel aus dem Gebrauch heraus ergibt und deshalb keiner gesetzlichen Manifestierung bedarf.

So entstanden ganze Kataloge (Bibel-Leviten, -10 Gebote, Koran…), die genau vorgeben, wie sich die Menschen zu verhalten hätten, um keinesfalls die Gottheit zu verärgern. Da es kaum machbar ist, was dort gefordert bzw. verboten wird, steht bei all diesen Religionen an der Pforte zum versprochenen, aber selten zugestandenen Paradies / Himmel eine Instanz, die den Zutritt verweigert. In manchen Religionen wird obendrein schlussendlich Strafe garantiert, die in einer elenden Hölle absolviert werden muss.

Um solchen Strafen, z.B. auf ewig bei lebendigem Leib stetig verbrannt zu werden, müht sich die Person ab, wenigstens einige dieser Regeln einzuhalten, um die Strafe zu mildern. Ein glückliches Leben kann sie jedoch unter diesen Voraussetzungen nicht führen. Das ist auch nicht die Absicht, die hinter dem jeweiligen Religionskonzept steht. Diese Absicht schreibt durch Regeln fest, wer in der Hierarchie oben und unten ist, wer also zufriedener oder unglücklicher sein darf.

Einige in den Religionswerken verankerten Regeln hingegen sind nützlich. Sie gehörten vor Einführung von Religion vermutlich zum erworbenen Wissen der sogenannten Steinzeitkulturen, in denen hierarchische Religionen nicht nachweisbar sind. So ist Schweinefleisch in den südlichen Religionskonzepten verboten. Wie unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen, kann sich dort ein Trichomonadenstamm (Bakterien) entwickeln, die sich dann auf ihrer Reise durch einen Körper im Gehirn festsetzen, um dieses aus der Sicht des Trägers zu zerstören. Ebenso sollen Geflügel- und Milchprodukte nicht gemeinschaftlich gelagert werden; hier drohen ebenfalls Infektionen. Da heutzutage niemand mehr um diese Erfahrungen weiß, ist eine solche Regel nützlich, den Bestand an unterworfenen Menschen zu sichern.

Da Religion mit ihren Regeln dumm macht (die Interpretation ist einer elitären Gruppe vorbehalten), sind solche Installation dann auch notwendig, denn das verlässliche Bauchgefühl gegenüber der Umwelt ist durch „Kultur“ in fast allen Fällen verloren gegangen.

Mit solchen, teilweise zutreffenden Fakten vermischt erscheinen Regelwerke wie gottgegeben und somit in jedem Punkt zutreffend. Sie werden – teilweise bei Strafandrohung – nicht hinterfragt sondern detailgereich umgesetzt.

Wir können also davon ausgehen, dass Regelwerke der Manipulation dienen. Sie sind so gehalten, dass die unterste Bevölkerungsebene dient und sklavisch ergeben ist, während die Spitze der Macht-Pyramide die Leistung ihrer Knechte ausbeutet. Damit stellt sich der enge Zusammenhang von Besitz und Religion dar. Beide Faktoren sind aufeinander angewiesen, um ihre Existenz zu sichern.

Mutter Natur

Alternativen

Als Menschen ist uns deutlich, dass es eine Schöpfung geben muss. Wie diese jedoch funktioniert, können wir nicht erkennen. Die Schöpfung verfügt über totales Wissen sowie allumfassende Befähigung, während wir dank unserer beschränkten Wahrnehmung nur Ausschnitte erkennen können. Dieser Umstand legt uns Menschen nahe, sich die Schöpfung personifiziert vorzustellen, um einen Ansprechpartner zu haben. Das macht es Religionen auch so einfach, dies zu missbrauchen.

Solange wir uns jedoch als Teil der Schöpfung wahrnehmen, gleichgültig, ob wir ihre Details verstehen können oder nicht, können wir in Harmonie mit dieser Schöpfung existieren. Als Teil schwingen wir im Muster alles Erschaffenen. Als Teil einer Ewigkeitsentität sind wir selbst ewig. Das, was wir als Tod definieren, wird damit zu einem Übergang in eine andere Daseinsform.

Soweit wir die Schöpfung bisher betrachten und verstehen können, scheint alles und jedes in einem größeren Zusammenhang zu stehen. Schöpfung scheint sich um jedes Detail zu kümmern und mit allen Bereichen intensiv vertraut zu sein. Schöpfung scheint allen Wesen einen adäquaten Raum mit allen Lebensnotwendigkeiten zur Verfügung zu stellen. Solange wir uns in diesem Rahmen bewegen, kann es uns gut gehen.

Beispiel 1: ohne Fell ist die Arktis nicht notwendig der beste Lebensraum. Dass wir wandern können, macht es zweifellos möglich, die Gegend zu wechseln. Aber die wärmeren Regionen sind trotzdem zu bevorzugen. Dort ist auch das Nahrungsangebot abwechslungsreicher und umfassender.

Beispiel 2: Überpopulationen sind für jede Gruppe nachteilig. Solange wir uns nur dann vermehren, wenn das Nahrungsangebot ausreichend ist, geht es uns gut (Religionen verbieten in aller Regel diese Kontrolle).

In der Schöpfung können wir nicht nur Primaten beobachten, die einander zuarbeiten. Da wir dazu auch imstande sind, ist ein solches Gruppenverhalten wohl von Vorteil. Zuarbeit jedoch ist kein Sklaventum. Die Befähigten (per Entwicklung, nicht per Geburt) unterstützen die weniger Befähigten. Die gesamte Gruppe zieht an einem Strang. Wenn das Gruppenbedürfnis erledigt ist, kann sich die Gruppe mit Interessen beschäftigen. Keine Schöpfung wird dem widersprechen.

Kinder scheinen für jede Gruppe wichtig zu sein, da sie den Bestand der Gruppe garantieren. Überall in der Natur kreist alles um diese Kernfamilie. Das wichtigste erwachsene Individuum in solchen Anordnungen ist die Mutter. Vater-Rollen scheinen austauschbar zu sein. Ältere männliche Individuen sind in größeren Bereichen unterwegs, während die Kernfamilie ortstreu zu sein scheint.

Wenn wir dies für uns annehmen, so kommt der Mutter die Aufgabe zu, die Familie zu stabilisieren, den Ort einzunehmen und zu erhalten, und die Kinder bis zum Erwachsenendasein zu betreuen. Die begattenden Männer müssen diesem Verband nicht zwingend angehören; sie können wie auch die Junggesellen wechseln. Solange Männer in der Umgebung / Gruppe sind, ist für zusätzliche Sicherheit gesorgt.

Inanna – Weisheit und Kraft

All diese Beobachtungen beinhalten keinen Besitz, der verteidigt werden müsste. Auch ist ein reglementierender Glaube überflüssig. Alle Natur-Rhythmen jedoch müssen Beachtung finden.

Diese sind in früheren Gesellschaften dann wohl der Schöpfungsgottheit als Fähigkeit zugeschrieben worden. Da Fähigkeiten – im Gegensatz zu Eigenschaften – nicht eingrenzen, blieb die Schöpfung mit dieser Betrachtung auch in der Vorstellung vollständig.

Wenn wir einmal das Wissen ausklammern, welches uns Befruchtung -> Schwangerschaft -> Geburt als 9-monatigen Ablauf darstellt, dann ist Schöpfung in erster Linie weiblich; unterhält jedoch auch männliche Anteile.

So erkannten Steinzeit-Völker für sich die Sonne als Mutter-Göttin und den Mond als fruchtbarkeitsgebenden Gott. Ob sie nun mit dieser Doppelgottheit gesprochen haben (wie Moses auf dem Berg Sinai) oder nicht, wissen wir nicht. Aber sie scheinen mit Ritualen den Rhythmen der Natur entsprochen zu haben.

Wenn wir uns also zu einem Glauben entschließen wollen, dann wäre dieses Grundkonzept ganz interessant, denn es bevor- oder benachteiligt niemanden. Es verzichtet auf Hierarchien und hält nur natürliche Rhythmen und Gegebenheiten bereit, auf die wir für unsere Lebensführung zurückgreifen. Als Gesamtgruppe ist Besitz verzichtbar. Wichtig ist für kälteren / trockeneren Jahreszeiten eine gute Bevorratung, die das Überleben der Gruppe garantiert. Da wir kein Fell mehr haben, ist es sinnvoll, anderweitig für Kleidung und ein Dach über dem Kopf zu sorgen. Ebenso macht es Sinn, Wasser sauber zu lassen sowie Gärten und Felder natürlich zu pflegen. Gemeinsam an einem gemeinschaftlichen Ziel zu arbeiten, wird vermutlich allen leicht fallen und Freude bereiten. Mittler zwischen Gott / Göttin und uns Menschen brauchen wir nicht. Aber die Natur als Lebewesen zu erkennen, kann uns nur dienlich sein. Nur wenn wir die gemeinsame Augenhöhe akzeptieren, werden wir uns in dieser Schöpfung als eines ihrer Teile wohlfühlen.

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Rezension einer Rezension zum Thema “bedingungsloses Grundeinkommen”, Download:  PDF-Datei (Grundeinkommen)

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