Patriarchat 2

„Bei der ‚Emanzipation des Mannes aus dem Reich der Mütter‘ löste sich der Mensch aus der Einbindung in den Naturzusammenhang und sah sich als erkennendes Subjekt der Natur (als Objekt) gegenüber. Bei dieser Differenzierung zwischen Mensch und Natur wurde nicht der Mensch als Mann und Frau zum Subjekt der Erkenntnis. Das patriarchale Bewusstsein betrachtete als Subjekt allein den Mann, der sich die Natur und die Frau in gleicher Weise unterwarf. So konnte es nicht ausbleiben, das mit der Entwicklung der patriarchalen Großreligionen auch die Stellung der Frau in der Gesellschaft erschüttert wurde. Beides – Natur- und Frauenverehrung – verlangte Anpassungsleistungen, Zuordnungsfähigkeit und Rücksichtnahme im ausgewogenen Verhältnis zu persönlichen Durchsetzungswünschen und individueller Kraftentfaltung.“ (G. Weiler, Ich verwerfe im Land die Kriege)

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Seither werden die Empfehlungen der matribasierten Kultur als „Anarchie“ bezeichnet. Frauengesellschaften geben keine Gesetze, sie empfehlen den Umgang mit dem Leben und der Natur. Sie empfehlen es wie die Ma’at Ägyptens. Auch fallen diese Empfehlungen je nach Gegend ein wenig anders aus. Aber im Kern beinhalten sie die gleichen allegorischen Bilder, die dem Herzen entspringen und um das gegenseitige Wohlbefinden bemüht sind.

Diese Bilder weiß das Patriarchat nicht umzusetzen, denn Patriarchate meißeln ihre Regeln als Gesetze in Stein (Moses und seine Gesetzestafeln). Der Verstoß gegen diese Gesetze kommt dem Verstoß gegen Jahwe/Gott /Allah gleich und trägt das Todesurteil in sich. Dieser Gott droht mit Strafe und Untergang. Im selben Atemzug, in dem er „Du sollst nicht töten!“ vorgibt, gibt er den Auftrag, alle „Ungläubigen“ niederzumachen und auszuradieren.

Aus den Gesetzen, die sich die Großreligionen so erdacht haben, bei denen sie Frau und Natur manipulieren und unterdrücken, ergibt sich die Notwendigkeit, ständig zu reparieren. So u.a. die Lehre, die das Wohl von Witwen und Waisen zum Gegenstand haben. Erst die patriarchale Gesellschaftsform hat das Problem von Witwen und Waisen überhaupt geschaffen! Solange Frauen unter sich beieinander wohnten, während der Mann nur zu Besuch kam, gehörte der Acker der Frau, und das Vieh war ihr Eigentum. Wenn der Mann starb, war sie keine Witwe, die der Fürsorge bedurfte; und falls sie selbst starb, sorgten ihre Schwestern für die Kinder.

Diese „anarchische“ Kultur legte auch nahe, sich nicht abzumühen, um reich zu werden, indem man den Anderen übervorteilte (patr. übernommen als „Du sollst nicht stehlen“). Natürliche Regeln, die ohne unausgewogene Vorratswirtschaft auskommen, sind dem patriarchalen Weltbild jedoch fremd. Als Sklave Gottes kann sich niemand vorstellen, dass die Natur und die Schöpfung als Werkzeug der Himmelskönigin schon für das Leben sorgen werden.

Es gilt, die matriarchale Weisheit wieder zu entdecken, wenn wir in uns und der Schöpfung zufrieden ruhen wollen:

„Bevor die Welt geschaffen wurde,
war ich da. Ich, die heilige Weisheit.
Ich bin eingesetzt von Anfang her,
von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Ich war da, bevor die Erde geschaffen wurde,
da die Tiefen noch nicht waren,
da war ich schon immer da,
als die Brunnen noch nicht mit Wasser quollen.

Ehe denn die Berge einsetzt waren,
vor den Hügeln war ich im Sein.
Noch bevor der Himmel feststand,
bevor die Wolken zogen,

bevor das Meer der Erde Grenzen setzte,
da war ich da,
ich, die Mutter alles Lebendigen.
Ich bin die Mutter des Gottes.

Er spielte auf dem Erdboden vor mir.
Meine Lust ist bei den Menschenkindern.
So erlauschet sorgsam meine Stimme!
Wer mich findet, der findet das Leben,

Wer an mir vorübergeht, der verletzt seine Seele.
Alle, die mich hassen, lieben den Tod.
So höret auf meine Stimme, tief in Euren Herzen,
denn ich bin das Leben, das sich entfaltet.“

(Sprüche Salomons, 8.22-26, etwas bereinigt)

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